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19. Tag
30. Juli 2002
Astorga – Castrillo de los Polvazares – El Ganso – Rabanal – Cruz de Ferro (1504m) – El Acebo – Molinaseca – Ponferrada – Cacabelos – Villafranca del Bierzo
Von Astorga (E)

Heute steht uns eine harte Bergetappe bevor. Wir müssen die Montes de Leon überqueren. Deshalb brechen wir schon in der morgendlichen Kühle auf, denn bis zu den heißen Mittagsstunden wollen wir das Schlimmste bereits überstanden haben. Trotzdem nehmen wir uns noch die Zeit, uns das kurz hinter Astorga gelegene Dorf Castrillo de los Polvazares, wohl das schönste Dorf der Provinz Leon, näher anzusehen. Das denkmalgeschützte Dorf hat sein ursprüngliches Gesicht noch bewahrt. Wir sind begeistert von den urigen Steinhäusern entlang der gepflasterten Dorfstraßen und machen einige Fotos davon. Auch Jürgen's sympathischen Radpilger aus der Schweiz und seine Frau entdecken wir beim Fotografieren. Wir wünschen den beiden einen "Buen Camino". Ob wir sie noch mal wiedersehen?

Wir setzen die Fahrt fort, passieren El Ganso, einen Ort, in dem es noch Häuser mit strohgedeckten Dächern gibt, und gelangen schließlich, immer moderat bergan fahrend, nach Rabanal del Camino. Die Fahrt ist ein wahrer Genuss. Ginster, Heidekraut und Lavendel sorgen für einen würzigen Duft und sind das richtige Doping für den nun anstehenden Anstieg zum Cruz de Ferro (Eisenkreuz), der höchsten Erhebung des gesamten Camino. Doch bevor wir den 6 Kilometer langen Pass in Angriff nehmen, dopen wir uns - auf besonderen Wunsch von Jürgen - noch zusätzlich mit einer eisgekühlten Cola. So "gedopt" verlassen wir das malerische Bergdorf Rabanal del Camino in Richtung Cruz de Ferro. Wir machen zwar unterwegs die ein oder andere Pause, jedoch nicht so sehr um zu verschnaufen (das haben wir nicht nö tig), sondern vielmehr um die grandiose Berglandschaft mit dem Kantabrischen Gebirge im Hintergrund zu genießen.

Ohne Probleme und gut gelaunt erreichen wir das Cruz de Ferro, das wohl symbolträchtigste Kreuz entlang des Jakobsweges. Es ist ein schlichtes Eisenkreuz auf einem dürren Baumstamm und ist umgeben von unzählig vielen Steinen, die die Pilger, so auch wir, nach alter Tradition aus der Heimat mitbringen und hier ablegen. Aber nicht nur Steine, alles Mögliche wie ausgelatschte Schuhe, kaputte Hüte und sonstige Klamotten wird hier abgeladen. Ein sympathisches junges Paar aus Holland, das den Camino in entgegengesetzter Richtung mit dem Rad befährt, macht ein Foto von uns Dreien vor dem Kreuz, warnt uns aber eindringlich vor der bevorstehenden Abfahrt. Wir genießen noch die herrliche Weitsicht von hier oben, ehe wir unsere Fahrt fortsetzen.

Schon nach wenigen Kilometern kommen wir an dem verlassenen Weiler Hanjarin vorbei. Hier betreibt der Aussteiger Tomäs das wohl urigste Refugio des gesamten Camino. Die Herberge ist sehr einfach und genügt wohl auch nicht allen Anforderungen an Sauberkeit und Ordnung. Als Schlafstätten sind nur Matratzen vorhanden. Waschen kann man sich an einem nahegelegenen Brunnen. Auf Wunsch bereitet Tomäs auch Essen zu. Wir verzichten jedoch darauf, obwohl wir, vor allem Jürgen, einen ziemlichen Hunger haben. Wir verlassen Tomäs, nicht jedoch ohne ihm eine kleine Spende als Anerkennung für seine uneigennützige Arbeit für die Pilger zukommen zu lassen. Auch Tomä s mahnt zur Vorsicht bei der Abfahrt.

Wir nehmen die Warnungen ernst und fahren die kurvenreiche Asphaltstraß e, immer die Bremsen benutzend, vorsichtig hinab bis zum Bergdorf El Acebo. Hier machen wir eine Picknickpause, essen den Rest unseres Proviants, füllen an einem Brunnen unsere Trinkvorräte mit frischem Quellwasser auf und setzen die Talfahrt fort. Am Ortsausgang von El Acebo erblicken wir am Straß enrand ein Denkmal, das zum Andenken an den hier tödlich verunglückten deutschen Radpilger Heinrich Krause errichtet wurde. Vorbei an Riego de Ambrö s endet die Talfahrt in Molinaseca. Trotz der Gefährlichkeit, insbesondere für uns Ungeübte, war sie ein Genuss. Die Ausblicke, die sich uns immer wieder boten, werden uns wohl unvergesslich bleiben.

In Molinaseca überqueren wir den Rio Meruelo. Das Wasser ist hier gestaut, und es herrscht reger Badebetrieb. Auch wir würden jetzt gern ein kühles Bad nehmen, denn es ist wieder sehr heiß . Wie schon seit Tagen scheint die Sonne unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel. Haben wir in der Höhe und während der Abfahrt die Hitze noch als erträglich, ja fast als angenehm empfunden, so setzt sie uns hier unten im Tal doch mächtig zu. Schweren Herzens verzichten wir auf das kühlende Bad und setzen die Fahrt fort. Es ist nicht mehr weit bis Ponferrada, der Hauptstadt der Region Bierzo. Hier machen wir vor einer kleinen Bar unterhalb der gigantischen Templerburg eine Pause und genehmigen uns eine tortilla bzw. einen ensalada mixta (gemischter Salat). Zu uns gesellt sich eine sportive portugiesische Radpilgerin. Sie scheint sich ausschließ lich für die Stempel zu interessieren. Zwei Pilgerausweise hat sie schon voll damit. Wir füllen noch unsere Proviant- und Trinkvorräte auf und nehmen die letzten 20 Kilometer bis zu unserem Tagesziel Villafranca del Bierzo in Angriff. Die Fahrt führt uns durch eine reizvolle, aber recht hügelige Weinregion und fällt uns doch recht schwer. Unterwegs machen wir in Cacabelos noch mal eine kleine Rast und beobachten wie die Landjugend ein gestautes Flussbett zum Tauchen und Springen nutzt. Die junge Portugiesin möchte wohl auch hier ein Bad nehmen. Wir reiß en uns jedoch los und nehmen die letzten Kilometer des Tages in Angriff. Wir erreichen schließlich Villafranca del Bierzo, das auch "das kleine Compostela" genannt wird. "Das kleine Compostela" wird es nicht nur wegen der vielen Kirchen und der mächtigen Burg mit den runden Wehrtürmen genannt, sondern auch weil den Pilgern in der hiesigen Santiago-Kirche dank eines Sonderrechts des spanischen Papstes Calixt III. schon der Ablass von den Sünden gewährt wurde, wenn sie auf dem Weg erkrankt waren. Die Pilgerherberge, direkt neben der Santiago-Kirche gelegen, ist leider schon belegt. Der Herbergsvater ist jedoch so freundlich und vermittelt uns ein preiswertes Zimmer in einem Hostal. Er begleitet uns sogar mit seinem Auto dorthin. Das Zimmer ist zwar nicht gerade einladend und die Wirtin, eine etwas ältere korpulente "Dame" , macht ebenfalls keinen freundlichen Eindruck auf uns. Doch was soll's, Hauptsache wir haben ein Zimmer!

Beim abendlichen Bummel durch den Ort sind wir erschrocken darüber, wie viele schöne alte Häuser leer stehen und dem Verfall preisgegeben sind, während an der Peripherie des Ortes moderne, aber hässliche "Klötze" hingesetzt wurden. Es ist eine Schande.

Neben unserem Hostal ist ein kleines Restaurant. Hier stärken wir uns mit einem guten und preiswerten Pilgermenü. Während Gerd und Jürgen zum Essen immer viel Wasser trinken, um den Flüssigkeitsverlust des Tages wieder auszugleichen, muss ich mich jedes mal "opfern" und die zum Pilgermenü kredenzte Flasche Rotwein "leer machen". Dieses Opfer hat natürlich den Vorteil, dass ich danach gut schlafe. Guter Schlaf ist heute Nacht jedoch für uns alle wichtig, denn wir müssen morgen wieder früh aufbrechen. Die Fahrt über den Cebreiro-Paß soll sich noch um einiges härter gestalten als die heutige Fahrt über den Rabanal-Paß zum Cruz de Ferro. Was soll's, uns kann nichts mehr schocken.

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