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14. Tag
25. Juli 2002
Pamplona – Ort mit Brunnen ? Astrain - Mont Perdon (Pass 679m) – Puente de la Reina – Maneru – Cirauqui – Lorca – Villatuerta - Estella – Irache (Weinquelle) – Ayegui – Los Arcos – Torres del Rio - Logroño
Von Pamplona (E)

Die erste Nacht in einem Refugio haben wir gut verbracht. Wir sind überrascht über die Diszipliniertheit der Pilger. Obwohl fast 100 Pilger in der Halle übernachten, wird die Ruhe nicht wesentlich gestört. Im Gegenteil. Als wir aufwachen, sind schon etliche Fußpilger aufgebrochen, ohne dass wir etwas gemerkt haben. Sie nutzen die frühen Morgenstunden, denn in der Mittagshitze mit schwerem Gepäck zu wandern ist eine Tortur. In einer nahe gelegenen Bar, die sich auf die Bedürfnisse der Pilger eingestellt hat, nehmen wir einen kleinen Imbiss ein und starten gegen 8:00 Uhr.

Den Original-Pilgerweg Camino mit Fahrrad und Gepäck zu bewältigen, ist aufgrund der unterschiedlichsten Wegbeschaffenheiten so gut wie unmöglich. Aus diesem Grund entscheiden wir uns, einer in einem besonderen Buch beschriebenen Alternativroute zu folgen. Diese Route verläuft immer auf Asphalt, folgt auch weitgehend den Spuren des Jakobsweges, kann jedoch den Zauber des ursprünglichen Weges verständlicherweise nicht voll vermitteln.

Wir verlassen Pamplona und fahren über die N-lll Richtung Estella/Logrono, werden also schon früh mit dem wahnsinnigen Verkehr auf den Nationalstraßen konfrontiert. Besonders mit dem Lärm und dem Gestank des Schwerlastverkehrs haben wir zu kämpfen. Zum Glück haben die Nationalstraßen einen breiten Seitenstreifen, der uns ausreichend Abstand und damit eine gewisse Sicherheit gibt.

Zunächst erwarten uns noch langgezogene Steigungen bis zum Monte Perdon mit seinen weißen, majestätisch gegen den Himmel blitzenden Windrädern. Vom Monte Perdon Pass geht es noch ein Stück über die N-lll bergab und später auf einer ruhigen Nebenstraße nach Puente de la Reina. Der Ort verdankt seinen Namen der Brücke, die im Auftrag der Königin von Navarra im 11. Jh. gebaut wurde, um den Pilgern den Flussübertritt über den Arga zu erleichtern. Vor einer Bar trinken wir einen Kaffee und treffen unseren Pilgerfreund aus Heidelberg wieder. In Ruhe können wir diesen Kaffee jedoch nicht genießen. Einige angetrunkene Jugendliche, die in den spanischen Nationalfeiertag, dem Jakobustag, hineingefeiert haben und noch immer unterwegs sind, pöbeln uns an. Wir besichtigen noch die Altstadt, werden aber durch den ekelhaften Geruch von altem Blut förmlich aus der Stadt verjagt. Auf dem Marktplatz ist eine Stierkampfarena aufgebaut. Hier muss gestern Abend wohl viel Blut geflossen sein.

Stets bergauf und bergab durch eine abwechslungsreiche Weinund Felderlandschaft gelangen wir ins mittelalterliche Estella. Da wegen des Nationalfeiertags die Geschäfte geschlossen sind und wir deswegen unsere Vorräte nicht auffüllen können, legen wir eine Mittagspause ein und stärken uns (preiswert) im schattigen Garten einer Bar. Uns die Sehenswürdigkeiten von Estella anzusehen, bleibt keine Zeit. Wir ziehen es vor, einen Abstecher zum Benediktinerkloster Irache zu machen. Leider verfahren wir uns auf dem Weg dorthin. Und ich höre Jürgen, der heute anscheinend nicht seinen besten Tag erwischt hat, hinter mir "knottern", und das nicht zum ersten Mal. Das Kloster Irache aufzusuchen, ist für Pilger ein unbedingtes Mu ss . Aus einem am Wegesrand aufgestellten Brunnen sprudelt nicht nur erfrischendes Wasser, sondern für Pilger auch kostenlos ein guter Rotwein der Klosterkellerei. Viel Wein können wir bei der Hitze nicht trinken. Dafür fülle ich eine meiner Trinkflaschen statt mit Wasser mit Wein. Den Rest der Weinprobe verschieben wir auf heute Abend. Wir sind nicht die einzigen Pilger am Weinbrunnen. Unser Pilgerfreund aus Heidelberg ist auch da . Leider werden wir ihn nicht mehr wiedersehen. Stattdessen werden wir einem Radpilger aus Holland, dem der Wein anscheinend auch gut schmeckt, in Zukunft noch mehrmals begegnen. Die moderne Technik ist auch bis zum Camino vorgedrungen. So befindet sich oberhalb des Weinbrunnens eine Web Kamera und man kann weltweit beobachten, wer sich gerade bedient.

Wir setzen unsere Fahrt über die N-lll bzw. N-112 fort. Zum Glück ist der Verkehr nicht mehr so stark. Es ist bullig heiß. Die Landschaft ist nicht so beeindruckend. Die abgeernteten Felder sind braun und staubig. Lediglich die vielfältig blühenden Wildblumen am Wegesrand erfreuen unser Auge. Die Hitze und ein aufkommender starker Gegenwind machen uns zu schaffen. Auch schmerzt Gerd's Knie wieder mehr. Ziemlich "fertig" erreichen wir unseren Etappenort Logrono, die Hauptstadt der Region Rioj a . Bevor wir uns eine Unterkunft suchen, erfrischen wir uns noch mit einer eisgekühlten Cola, erwischen hierbei allerdings den wohl unfreundlichsten Wirt ganz Spaniens. Das örtliche Refugio ist schon belegt. Der Herbergsvater stellt uns jedoch freundlicherweise Anschriften von preiswerten Privatquartieren zur Verfügung. Und wir haben Glü ck. Im Stadtzentrum bekommen wir in einem schönen alten Haus ein Dreibettzimmer. Es liegt im 3. Stock. Gepäck und Fahrrä der!!! müssen wir mit aufs Zimmer nehmen. Was soll's? Die paar Treppenstufen, das schaffen wir auch noch. Zum Glück können wir Dusche und WC der Wohnungsinhaberin benutzen. Und das tun wir auch mit dem größten Vergnügen. So erfrischt und "gestärkt" mit unserem Rotwein aus der Pilgerquelle, den wir auf das Wohl des h l . Jakobus trinken, sind wir bereit fü r den Stadtbummel. Dieser Stadtbummel entschädigt uns für die vielen Mühen des Tages und ich denke, dass wir ihn noch lange in guter Erinnerung behalten werden.

Es ist, wie schon erwähnt, Nationalfeiertag. Die Stadt hat ihr Festtagskleid angezogen. Und nicht nur die Stadt. Auch die Bewohner - alle scheinen unterwegs zu sein - sind festlich gekleidet und genießen diesen herrlichen Sommerabend. Wir in unserer "Pilgerausgehkleidung" fallen dagegen auf, jedoch nicht negativ, sondern eher angenehm, denn man ist hier den Anblick der einfach gekleideten Pilger gewöhnt. Man akzeptiert, ja bewundert sie fast, die Pilger. Sie gehören einfach zum Stadtbild, vor allem am heutigen Tag, dem Tag des hl. Jakobus.

Bei unserem Bummel verlassen wir zunächst das Stadtzentrum. Wir überqueren die imposante Ponte del Hierro (Eisenbrücke) und haben einen phantastischen Blick ins weite Tal des Ebro. Zurück ins Stadtzentrum führt uns der Weg zur arkadenumsäumten Plaza del Mercado. Hier pulsiert das Leben. Jedoch nicht nur auf der Plaza, sondern auch in der Luft. Mindestens 30 Störche kreisen am abendlichen Himmel. Es ist ein eindrucksvolles Bild und für mich als Vogelliebhaber ein einmaliges Erlebnis. Und schon bald lüftet sich das Geheimnis. Auf den sich über mehrere Etagen verjüngenden Doppeltürmen der aus dem 15. Jh . stammenden Bischofskirche Santa Maria la Redonda entdecken wir c a . 20 Storchennester. So viel Störche in der freien Natur hat von uns noch keiner gesehen. Es ist aber auch kein Wunder, denn das nahe gelegene Ebrotal bietet diesen imposanten Vögeln noch genug Lebensraum.

So ein Stadtbummel macht hungrig. Vor allen Dingen Jürgen hat Hunger, und zwar, wie er sagt, bis unter den Armen. Die Restaurants in Spanien öffnen im Sommer jedoch erst ab 21.00 Uhr. Wir haben aber Glü ck. Wir finden ein Restaurant, das schon früher öffnet und das ein preiswertes Pilgermenü, sogar mit einem "Rioja“ , anbietet. Glück haben wir in zweierlei Hinsicht. Der Wirt, der uns persönlich bedient, hat im vergangenen Jahr auch schon Pilgererfahrung gesammelt. Er pilgert den Camino aus zeitlichen Gründen in Etappen. Jedenfalls kennt er die Probleme der Pilger, die da sind: Viel Hunger und wenig Geld. Entsprechend verhält er sich auch uns gegenüber. Wir genießen jedenfalls das preiswerte und gute Essen, trinken zum Abschied noch den vom Wirt spendierten Schnaps und begeben uns kurz vor Mitternacht zu unseren Fahrrädern, um mit ihnen die Nacht zu verbringen.

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