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12. Tag
23. Juli 2002
Tartas (Überquerung Adour) - Audon - Onard - Montfort en Chalosse - Poyartin - Estibeaux - Habas – Puyoo (Überquerung Gave de Pau) - Bellocq - Salles de Béarn - Sauveterre de Béarn (Überquerung Gave d’Oleron) - Osserain - Rivareyte - St.Palais (Gibraltar) - Uhart Mixe - Lacarre - St.Jean le Vieux - Ispoure - St.Jean Pied de Port
Von Tartas (F)

Ein starkes Gewitter mit Regen hat die Luft deutlich abgekühlt. Zum Glück sind unsere Trikots, die wir am Vorabend nach langer Zeit nochmals gewaschen haben, zum Trocknen überdacht gewesen. Wir frühstücken im Hotel und fahren gegen 8:00 Uhr los, nicht jedoch ohne vorher noch unsere Euro-Vorrä te aufzufüllen. Zum ersten Mal werden uns die Vorteile des Euro bewusst, führt uns unsere Tour doch durch 5 Länder: Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich und Spanien. Mit Geld wechseln haben wir jedenfalls nichts zu tun.

Die Landschaft wird wieder deutlich hügeliger; außerdem weht ein starker Westwind, der uns stark behindert. Schon nach wenigen Kilometern merken wir, dass wir im östlichen Teil des Baskenlandes sind. Alle Hinweisschilder sind zweisprachig, auch baskisch (die ä lteste westeuropäische Sprache). Schon nach wenigen Kilometern vor dem Ort Monfort en Chalosse wartet auf uns der erste knackige Anstieg. Er wird an diesem Tag im Vorfeld der Pyräneen nicht der letzte bleiben. In dem kleinen Ort Monfort en Chalosse fü llen wir am frühen Morgen schon unsere Obstvorräte auf. Aprikosen sind nicht nur eine lokal wachsende Frucht, sondern auch sehr handlich für Radtouren. Bei der Durchfahrt beobachten wir, wie auf dem Dorfplatz eine Stierkampfarena aufgebaut wird. Schon vorher fielen uns die großen Plakate auf, die für dieses wohl auch im französischen Baskenland verbreitete Kampfspiel warben. In Habas machen wir eine kurze Kaffeepause und bekommen in der Kirche noch einen Stempel für unseren Pilgerausweis. Ansonsten war es in Frankreich schon recht schwierig, Stempel zu erhalten, da die Kirchen meist geschlossen waren.

Nach der Überquerung der Gave de Pau gehen die Steigungen so richtig los. Salles de Bearn, wo wir unser Mittagessen einkaufen, liegt etwa auf halbem Weg. Insgesamt sind es drei Steigungen, mit einem maximalen Anstieg von fast 20%. Schon geht es wieder runter ins Tal der Gave d’Oleron. Ein Picknickplatz ist heute schwer zu finden. Wir essen ausnahmsweise im Stehen. Am frühen Nachmittag erreichen wir das Städtchen St. Palais. Zum ersten Mal erblicken wir ein großes Schild mit dem Hinweis "Chemin de Saint Jacques". Am Ortsausgang von St. Palais biegen wir rechts ab Richtung Etcheberry zur Stele von Gibraltar. Gibraltar steht für baskisch "Chibaltarem" und ist der Treffpunkt der drei französischen Jakobswege von Tour, Vezelay und Puy. Die Stele ist nicht leicht zu finden und außerdem ist die Fahrt dorthin recht beschwerlich. Wir sind gerade beim Fotografieren dieses geschichtsträchtigen "Denkmals", als ein riesiger Greifvogel über uns kreist. Ist es ein Adler oder gar ein Geier? Jürgen meint, eine Spannweite von fast zwei Metern auszumachen und behauptet gleichzeitig, dass seine Adleraugen ihn selten im Stich lassen.

Wir schwingen uns wieder auf unsere Fahrräder und sausen frohgelaunt bergab in Richtung St. Jean Pied de Port. Doch die frohe Laune sollte sich bald in tiefste Tristesse verwandeln. Gerd's linkes Knie beginnt plötzlich derart zu schmerzen, dass er beim besten Willen nicht mehr weiterfahren kann. Wir müssen eine Pause einlegen. Gerd nimmt eine stark schmerzlindernde und entzündungshemmende Tablette. Hoffentlich hat sie auch die mir von meinem Orthopäden versprochene Wirkung. Wir müssen warten und hoffen. Gerd, der uns bisher mit seinen exzellenten Französischkenntnissen und seiner bewundernswerten Fähigkeit, Landkarten zu lesen, so toll durch Frankreich geführt hat, ist regelrecht down. Jürgen und ich leiden mit. Nach fast einer Stunde versucht Gerd die Weiterfahrt. Die Schmerzen sind zwar noch d a , aber nicht mehr so stark. Es sind noch ca . 25 Kilometer bis zu unserem Etappenziel, St. Jean Pied de Port. Wir entschließen uns, die Flach- und Bergab Passagen langsam zu fahren, berghoch die Fahrräder zu schieben.

Die herrliche Landschaft, die so stark an die Schweiz mit ihren glockenbehangenen Kühen und den Almwiesen erinnert, kö nnen wir nicht so recht genießen. Der durch das wieder besser gewordene Wetter phantastische Panoramablick auf die Gipfel der Pyrenäen kann uns genau so wenig begeistern, wie das baskische Nationalspiel Pelota, das fast in jedem Ort, den wir durchfahren, gespielt wird. Es ist schon fast 18:00 Uhr, als wir St. Jean Pied de Port erreichen. Der Ort wimmelt von Touristen. Nachdem uns schon einige Hotels eine Absage erteilt haben, sind wir schließlich froh, in der Rue de la Citadelle in einem urigen Privathaus ein einfaches, aber preiswertes Dreibettzimmer zu bekommen. Wie der Name der Straße schon erkennen lässt, wird diese alte Stadt von einer Zitadelle überragt und von einer Wehrmauer umgeben. Ebenfalls in der Rue de la Citadelle liegt der Pilgertreffpunkt. Hier lassen wir uns als Pilger für den Camino registrieren. Wir sind froh, noch ein Restaurant zu finden, wo wir allerdings nicht gerade freundlich bedient werden. Gerd nimmt noch eine Tablette und humpelt mit uns durch das abendliche St. Jean Pied de Port zurück zu unserem Quartier.

An Einschlafen ist nicht zu denken. Gerd's Knie bereitet uns größte Sorgen. Wirre Gedanken kreisen durch unsere Köpfe. Ist unsere Tour zu Ende, bevor sie eigentlich (morgen) beginnt? Wie soll Gerd mit diesen Knieschmerzen morgen die Pyrenäen überqueren (der Ibaneta-Paß mit seinen 900 Höhenmetern hat es schließlich in sich)? Können wir uns einen Ruhetag erlauben? Soll Gerd noch eine Tablette nehmen? Werden die Tabletten und die Nachtruhe seinem Knie gut tun? Über all diese Fragen schlafen wir schließlich ein.

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